Page 28 - Ärzteblatt Mecklenburg-Vorpommern, November-Ausgabe 2025
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SCHWERPUNKTTHEMA „SUCHT UND DROGEN“
Tab. 2 Studien zu Abhängigkeitserkrankungen bei Ärzten 2015–2025
Studie Fallzahl Alkohol Rauchen Psychoaktive Substanzen, illegale
Drogen,
Antidepressiva
Oreskovich, Onlinebefragung von n=7288 12,9 % der Ärzte und 21,4 % - Selten
Shanafelt et al. Ärzten/USA der Ärztinnen Alkoholabhän-
2015 (26,7 % Responder) gigkeit/-missbrauch
Fry, Fry et al. 106 Anästhesisten/ Substanzmissbrauch 1,2 Fälle - Propofol 45 %, Opiate
2015 Neuseeland, Australien pro 1000 Anästhesistenjahre, 32 %, Lachgas 5 %,
(57 % Responder) davon 27 % Alkohol Benzodiazepine 16 %
Pedersen, N=1841 Ärzte/ Dänemark 18,8 % riskanter Alkohol- - nicht erfasst
Sorensen et al. konsum
2023
Maier, Iwunna 36 von 39 untersuchten nicht erfasst - 85 % der Todesfälle im Zusammen-
et al. 2017 Todesfällen betrafen hang mit Propofol, Ärzte (17 männlich)
Ärzte und med. Personal/ stellten 56 % die größte Berufsgruppe,
Deutschland Anästhesisten mit 15 Betroffenen die
häufigste Fachrichtung
Tobias, da Silva 510 Ärzte und Pflegepersonal/ 86 % moderater Alkoholkon- 12 % nicht erfasst
et al. 2018 Brasilien sum, 10,6 % Alkoholmissbrauch
(AUDIT Score 8), Frauen 6,7 %,
Männer 24,7 % „binge drin-
king“, Abstinezrate 25 %
Bogowicz, n=889 Medizinstudenten/ >50 % Alkoholmissbrauch 3 % 25 % überwiegend Cannabis,
Ferguson England 78,8 % Responder) (AUDIT Score 8) 10 % Ecstasy, 4 % Kokain
et al. 2018
Papazisis, n=591 Medizinstudenten/ 22,7 % „binge drinking“, 19,6 % 22,2 % Cannabis, <3 % illegale Dro-
Tsakiridis Griechenland 6,4 % Alkoholmissbrauch/- gen wie Amphetamine,
et al. 2018 abhängigkeit Ketamin oder Kokain
Geuijen, Niederländische Register- Substanzgebunde Suchter- - Ärzte deutlich mehr Missbrauch von
Schellekens studie, Ärzte verglichen mit krankung hatten 0,3 % der Sedativa
et al. 2023 „highly educated reference Ärzte vs. 0,5 % der Referenz-
group“ gruppe; Alkohol ca. 4 % der
Ärzte und ca. 7 % der Refe-
renzgruppe
Wieting, Hampel Behandlungsdaten von 606 79,8 % als Haupt- oder Neben- - 24,6 % mit einer Abhängigkeit von
et al. 2025 suchterkrankten Ärzten diagnose Alkoholabhängigkeit Sedativa/Hypnotika,13,0 % mit einer
(2010-2024) Opioidabhängigkeit; Kokain- und
Cannabisabhängigkeitsdiagnosen
signifikant geringer als in anderen
Berufsgruppen (Kokain: 1,3 Prozent
versus 4,1 Prozent; Cannabis: 0,8 %
versus 4,6 %)
oder Sedativa einnahmen. In einer Studie von Warner und Mit- Suchterkrankung in Behandlung sind, noch höhere Anteile
arbeitern, die in den USA rund 45.000 Anästhesisten in der vorliegen würden. Besonders besorgniserregend in den letz-
Ausbildung zwischen 175-2009 überblicken konnten, lag die ten Jahren ist der Anstieg des Propofolmissbrauchs. Daten
Inzidenz für gemeldete Substanzabhängigkeit bei 2,16 pro zum Missbrauch von Lachgas aus deutschen Krankenhäusern
tausend Anästhesiejahren (Prävalenz gleich 0,86 % (Warner, liegen nicht vor. Die Prävalenz zum Missbrauch inhalativer An-
Berge et al. 2013)). 62 % betrafen Opioide, 19 % Anästhetika, ästhetika bei Anästhesisten wird mit 1,4-2,3 % angegeben
5 % Propofol, 2 % Ketamin und 2 % inhalative Substanzen, (Maier, Iwuna et al. 2010), wobei fast die Hälfte der Untersuch-
12 % Benzodiazepine, 37 % Schlaftabletten und Tranquilizer, ten das relaxierende Lachgas missbrauchten, gefolgt von Iso-
davon 10 % mit täglicher Einnahme. Es wird davon ausgegan- fluran und Sevofluran. Das Suchtpotenzial von Benzodiazepi-
gen, dass insbesondere für Ärzte, die bereits wegen einer nen ist schon lange bekannt, man geht von einem Benzodia-
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