Page 31 - Ärzteblatt Mecklenburg-Vorpommern, November-Ausgabe 2025
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SCHWERPUNKTTHEMA „SUCHT UND DROGEN“




                                        190 mg MDMA. In    desfällen nieder. Die Zahl der MDMA-Konsumierenden in
                                        einschlägigen Foren   Deutschland kann nicht genau beziffert werden, dürfte aber
                                        wird als risikoarme   im Millionenbereich liegen. Entsprechend hoch ist die Kon-
                                        Obergrenze    des  sumerfahrung. Angesichts dessen muss sich der Realität ge-
                                        Konsums bei Frauen   stellt werden, dass die Droge einerseits trotz Illegalität und
                                        1,3 mg/kg KM ange-  potentiell sehr hohen Strafen einen extrem hohen Verbrei-
                                        geben. Bei einem   tungsgrad hat und andererseits zumindest im Freizeitkons-
                                        Körpergewicht von   umbereich  den  Konsumierenden  das  Risiko  überschaubar
                                        ca. 55 kg sind das   erscheint. Vor diesem Hintergrund lassen sie sich nicht vom
                                        etwa  70  mg.  Die   Konsum ihrer erworbenen Substanzen abhalten. Drug-Che-
                                        Konsumierende      cking kommt an dieser Stelle in den Dialog und vermag das
      Abb. 2: Tablette „Philipp Plein 6-Eck, hell-  nutzt die Droge aus-  Verhalten über mögliche Risiken zu beeinflussen. Das Bei-
      braun“. Anhand der Merkmale Prägung,   schließlich  gele-  spiel zeigt sehr anschaulich, wie die Kenntnis über die Dosis
      Form, Gewicht und Maße lassen sich gängi-
      ge Pillen auch in Internet-Datenbanken    gentlich im Party-  zur Reduktion der Wirkstoffmenge und damit zu Verände-
      identifizieren.                                           Foto: UMR  setting und hat hin-  rung des Konsumverhaltens führt.
                                        reichende  Erfah-
                                        rung im Konsum.    Limitationen des Verfahrens auf Festivals
      Substanzabhängigkeit ist nicht gegeben. Auf das Festival hat
      sie 6 Tabletten zum Eigenkonsum und für ihre Freundin mitge-  Infrarot-Spektroskopie wird von uns auf Festivals vorwie-
      bracht (übliche Menge). Eine Tablette davon wird für die Ana-  gend für die Analysen von Pulvern, Tabletten, Kristallen und
      lyse benötigt und steht ihr damit nicht mehr zur Verfügung.   Pasten eingesetzt. Für Substanzen mit sehr niedrigen Dosie-
                                                           rungen (Fentanyl, LSD) ist das Verfahren ungeeignet. Eben-
      Auf Festivals haben Teilnehmende häufig klare Vorstellungen   falls  ungeeignet  sind  Pflanzenbestandteile  durch  vorwie-
      vom Konsumziel und damit auch Erfahrung im Umgang (Dro-  gend  inhomogene  Wirkstoffverteilung.  Der  Vollständigkeit
      genkompetenz). In unseren Analysen entsprechen ca. 80 %   halber wird hier noch einmal aufgeführt, dass Drug-Che-
      der Proben der Erwartung der Abgebenden. Insofern ist das   cking bei Abhängigen und alltäglichem Konsum einen gene-
      generelle Abraten vom Konsum realitätsfern und führt zur Ab-  rell anderen Ansatz verfolgt, der aber den Rahmen dieser
      lehnung und damit zur Inakzeptanz des Gesamtverfahrens,   Kasuistik sprengen würde.
      denn die Substanz wurde zum Ziel des Konsums gekauft und
      wird in jedem Fall benutzt. In diesem Fall lautet daher die   Fazit
      Empfehlung,  neben  dem  üblichen  Besprechen  von  Verhal-
      tensmaßnahmen, die Halbierung dieser Tablette zum Kon-  Illegale Drogen auf Festivals sind fester Bestandteil der Ge-
      sum. Dies senkt die Wahrscheinlichkeit eines medizinischen   sellschaft. Drug-Checking ist hier ein wichtiges Instrument der
      Zwischenfalls deutlich und bedeutet darüber hinaus Halbie-  Aufklärung über Drogen. Es kann die Zahl und Schwere von
      rung der Kosten (und damit Verdopplung der Einzeldosen). In   medizinischen Interventionen auf Festivals senken, sorgt für
      der Evaluation des Beratungsgesprächs erwies sich dieses als   einen überzeugenden Dialog mit Konsumierenden und liefert
      ausgesprochen überzeugend.                           darüber hinaus wertvolle Daten über die Verbreitung und Nut-
                                                           zung von Drogen. Dafür ist jedoch ein erfahrenes Team not-
      Diskussion                                           wendig.


      Der Einsatz von psychoaktiven Substanzen ist auf Festivals                                Dr. Gernot Rücker
      gelebte Realität. Zwar hat Alkohol immer noch einen hohen
      Anteil, aber jüngere Generationen zeigen einen klaren Trend
      zu  rückläufigem  Alkoholkonsum  bis  hin  zur  Alkoholabsti-                                     Literatur:
      nenz. MDMA hingegen ist eine in der gesamten Party-Szene
      beliebte und ausgesprochen verbreitete Droge. MDMA gilt
      bei exakter Dosierung als vergleichsweise risikoarm. Dieses
      schlägt sich auch in der sehr niedrigen Zahl von akuten To-


      AUSGABE 11/2025 35. JAHRGANG                                                                          Seite 387
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