Page 30 - Ärzteblatt Mecklenburg-Vorpommern, November-Ausgabe 2025
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SCHWERPUNKTTHEMA „SUCHT UND DROGEN“



           Fallbericht Drug-Checking und Drogen-

           beratung auf dem Pangea-Festival




           Anja Gummesson , Gernot Rücker    2
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           Einleitung                                           Auf Festivals sind
                                                                deutlich  weniger
           Psychoaktive Substanzen sind weltweit fester Bestandteil der   Arten von psycho-
           Partykultur. Einen großen Anteil macht 3,4-Methylendioxy-N-  aktiven Substanzen
           methylamphetamin (Abk.: MDMA) aus, das meist in Tabletten-  im Umlauf. Außer-
           form gehandelt wird. Wirkstoffgehalt und Zusammensetzung   dem sollte die Ana-
           solcher  illegalen  Darreichungsformen  sind  dabei  oft  unbe-  lyse mobil, schnell
           kannt. Insbesondere bei inadäquater Dosierung oder Misch-  und unkompliziert
           konsum können akute lebensbedrohliche Vergiftungen auftre-  sein, da die Ergeb-
           ten. Daher wurde 2023 in Deutschland das Betäubungsmittel-  nisse zeitnah be-
           gesetz (BtMG) um die Paragrafen 10b und 31a erweitert. Im   reitgestellt werden
           sogenannten Drug-Checking werden Drogen auf Inhaltsbe-  müssen. Das tech-
           standteile analysiert und Konsumierende beraten. Als Ein-  nische  Verfahren
           satzorte kommen regionale Einrichtungen (z. B. Suchthilfen)   der Wahl ist hier die
           und Festivals in Frage. M-V ist in Deutschland das erste     Infrarot-Spektros-  Abb.1: ATR-FT-IR der Fa. Bruker bei der Mes-
           Bundesland mit einer Drug-Checking Landesverordnung   kopie  (Abb.  1).  Die   sung einer „Blue Punisher“-Tablette.
           (DrCheckLVO M-V), andere Bundesländer wie Berlin und Thü-  Proben werden da-                      Foto: UMR
           ringen führen Tests in der Grauzone der Duldung durch. Wir   bei mit Licht einer
           berichten über einen exemplarischen Beratungsfall auf dem   speziellen  Wellenlänge  bestrahlt  und  die  Absorptionskurve
           „About You Pangea-Festival“ Nähe Ribnitz-Damgarten.  mit Kurven in einer Datenbank verglichen.  Innerhalb weniger
                                                                Minuten liegt dann das Ergebnis vor. Unter der Voraussetzung
           Geeignete Örtlichkeiten für das                      eines entsprechend großen Teams ermöglicht es einen hohen
           Drug-Checking                                        Durchlauf bis zu mehreren hundert Analysen während eines
                                                                verlängerten Wochenendes. Zur Analyse gehört die fotografi-
           Grundsätzlich werden stationäre Einrichtungen von mobilen   sche Dokumentation der Probe. Damit besteht insbesondere
           Orten unterschieden. Bei Ersteren wird die Substanz bei einer   die Möglichkeit, Festivalbesucher vor hochdosierten oder ge-
           Einrichtung abgegeben und meist wenige Tage später erfolgt   streckten Tabletten effektiv zu warnen.
           dort dann die Mitteilung des Ergebnisses und eine ausführli-  Bei beiden Arten des Einsatzes sind die Drogenanalyse-Exper-
           che Beratung. Das Angebot richtet sich eher an lokale Abhän-  tise des Laborteams und umfangreiche Substanzkenntnisse
           gige, die aufwendige Beratung und ggf. weiterführende Hilfe   des Beratungsteams zwingende Voraussetzung. Der Gesetz-
           benötigen und weniger an Freizeitdrogen-Konsumierende.   geber verlangt daher den Nachweis vielfältiger Voraussetzun-
           Vorwiegend Einrichtungen der Sucht- und Drogenhilfe kom-  gen. Derzeit ist das Labor der Universitätsmedizin in Rostock
           men hier in Frage. Da von Intensiv-Konsumierenden ein gro-  die einzige Einrichtung in M-V, die Drug-Checking durchführen
           ßes Spektrum an Substanzen benutzt wird, sind die analyti-  darf.
           schen Methoden aufwendig. Dies bedingt die längere Laufzeit
           des Verfahrens.                                      Der Fall


           1   Universitätsmedizin Rostock, Institut für Rechtsmedizin  Eine Konsumentin gab eine Tablette der Morphe „Philipp
           2   Universitätsmedizin Rostock, Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedi-
            zin und Schmerztherapie                             Plein 6-Eck, hellbraun“ (Abb. 2) zum Drug-Checking in der An-
           1,2  Landeskoordination Drug-Checking MV und Leitung AG Freizeitdrogenforschung der
            Universitätsmedizin Rostock                         nahmestelle ab. Die Analyse ergab einen Wirkstoffgehalt von

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