Page 8 - Ärzteblatt Mecklenburg-Vorpommern, November-Ausgabe 2025
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SCHWERPUNKTTHEMA „SUCHT UND DROGEN“




           weibliche Jugendliche. Am häufigsten wird Cannabis von den   und  pharmakologische  Effekte  der  Phytocannabinoide  ver-
           18- bis 24-Jährigen konsumiert (4). Problematischer Canna-  antwortlich gemacht.
           biskonsum, der mit nachlassender Konsumkontrolle sowie   Abhängig von Alter, Dosis, Frequenz, Applikationsform, Situa-
           Problemen bei Verzicht einhergeht, wird bei 3,4 Prozent der   tion und individueller Disposition eines Menschen können
           Männer und 1,6 Prozent der Frauen gefunden (18 – 64 Jahre),   beim Cannabiskonsum neben den erwünschten Effekten (Eu-
           am häufigsten in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen (8,5   phorie, Enthemmung, Entspannung, verändertes Zeiterleben)
           Prozent) (Epidemiologische Suchtsurvey, ESA, Messung mit-  unerwünschte akute Wirkungen einsetzen (Angst, Agitiert-
           tels Severity of Dependence Scale; SDS) (4). Der Anteil an Er-  heit, paranoide Vorstellungen, Depersonalisation, Derealisa-
           wachsenen mit problematischem Cannabiskonsum hat sich   tion, Illusionen, Halluzinationen, Aufmerksamkeits-, Konzen-
           seit 2015 mehr als verdoppelt. Im Jugendalter (12 –1 7 Jahre)   trations- und Koordinationsstörungen, Übelkeit) (8).
           weisen 0,5 Prozent der Befragten problematischen Cannabis-
           konsum auf (Messung mittels Cannabis Abuse Screening Test,   3. Cannabisgesetz (CanG)
           CAST) (5). In der Selbsteinschätzung bewerten 38,8 Prozent
           der männlichen und 30,2 Prozent der weiblichen aktuell Kon-  In Deutschland wurde am 1. April 2024 mit dem Cannabisge-
           sumierenden ihren Konsum als „problematisch“ (Erwachsene   setz (CanG) eine Teillegalisierung wirksam. Mit dem CanG sol-
           mit Konsum in den vergangenen 12 Monaten). In der Alters-  len der Gesundheitsschutz, der Schutz von Kindern und Ju-
           gruppe der 60- bis 64-Jährigen sind dies sogar 66,5 Prozent   gendlichen sowie die Prävention und Aufklärung gestärkt
           der Männer und 17,8 Prozent der Frauen (4).          werden. Das neue Gesetz zur Abgabe der Cannabisprodukte
           Höhere  Konsumhäufigkeit  ist  mit  niedrigerer  Schulbildung,   an Erwachsene ist in 2 Stufen gegliedert (9). In der ersten Stu-
           jüngerem Lebensalter, stärkerem Tabakkonsum und dem   fe („Säule 1“) wird Cannabisanbau in Vereinen, denen bis zu
           Konsummotiv  „Selbstmedikation“  assoziiert  (6).  Cannabis-  500 Mitglieder angehören, zugelassen. Weiterhin ist Erwach-
           konsumierende Jugendliche haben ein bis zu 10-fach erhöh-  senen an ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort
           tes Risiko, andere Drogen (Ecstasy, Amphetamine, Kokain,   der  private  Eigenanbau  von  3  blühenden  Pflanzen  erlaubt.
           LSD, halluzinogene Pilze, Heroin) zu konsumieren (7). Dafür   Anbauvereinigungen dürfen jeweils bis zu 25 g Cannabis an
           werden ein leichterer Zugang zu illegalen Substanzen sowie   erwachsene Mitglieder abgeben, beschränkt auf maximal 50
           Risikofaktoren jenseits des Cannabiskonsums für beide Ver-  g pro Monat sowie zusätzlich bis zu 7 Samen oder 5 Stecklinge
           haltensweisen (hohe Ausprägung des „sensation seeking“,   pro Abgabe. Für Heranwachsende unter 21 Jahren ist die mo-
           frühe Verhaltensauffälligkeit, Konsum der Peers oder Eltern)   natliche Abgabe auf 30 g mit einem THC-Gehalt von 10 Pro-



                                    Abb. 3: Cannabisbedingte Ausdünnung im Gehirn in Abhängigkeit vom
                                        Abb. 3: Cannabisbedingte Ausdünnung im Gehirn in Abhängigkeit vom
                                         Cannabisbedingte Ausdünnung im Gehirn in Abhängigkeit vom Cannabiskonsum (Lebenszeit)
                                    Cannabiskonsum (Lebenszeit) im Fünf-Jahres-Follow-up, Darstellung mittels MRT(32)
                                        Cannabiskonsum (Lebenszeit) im Fünf-Jahres-Follow-up, Darstellung mittels MRT(32)
                                         im Fünf-Jahres-Follow-up, Darstellung mittels MRT(32)
         Deutsches Zentrum für Suchtfragen des
             Deutsches Zentrum für Suchtfragen des
         Kindes- und Jugendalters (DZSKJ)
             Kindes- und Jugendalters (DZSKJ)
                                                                                      Die   Balkendiagramme   zeigen   die
                                                                                               Balkendiagramme
                                                                                         Die
                                                                                                            zeigen
                                                                                      innerindividuelle   symmetrische   prozentuale   die
                                                                                         innerindividuelle
                                                                                                              prozentuale
                                                                                                    symmetrische
                                                                                      Veränderung  (d. h. Veränderung der kortikalen
                                                                                         Veränderung  (d. h. Veränderung der kortikalen
                                                                                      Dicke  in  Millimetern  pro  Jahr,  bezogen  auf
                                                                                         Dicke  in  Millimetern  pro  Jahr,  bezogen  auf
            A: Rechtes dorsomediales präfrontales                                     mittlere  kortikale  Dicke  zu  beiden  Zeitpunkten)
                A: Rechtes dorsomediales präfrontales
            Cluster (lineare Mixed-Effects-Analyse)                                   für   mittlere  kortikale  Dicke  zu  beiden  Zeitpunkten)
                                                                                         jedes
                                                                                                    bei
                                                                                              Cluster
                                                                                                       unterschiedlichem
                Cluster (lineare Mixed-Effects-Analyse)
                                                                                             jedes
                                                                                                 Cluster
                                                                                         für
                                                                                                        (bei
                                                                                                            5-Jahres-
                                                                                      Lebenszeit-Cannabiskonsum   bei   unterschiedlichem
                                                                                         Lebenszeit-Cannabiskonsum
                                                                                      Follow-up).          (bei   5-Jahres-
                                                                                           Fehlerbalken
                                                                                      Die   Follow-up).  stellen   95   %-
                                                                                         Die
                                                                                              Fehlerbalken
                                                                                      Konfidenzintervalle dar.  stellen   95   %-
                                                                                         Konfidenzintervalle dar.
                                                                                      Die Abbildungen des Gehirns bei P<.05 mit einer
                                                                                         Die Abbildungen des Gehirns bei P<.05 mit einer
                                                                                      Ganzhirn-Zufallsfeldtheorie-Korrektur.   Die
                                                                                         Ganzhirn-Zufallsfeldtheorie-Korrektur.
                                                                                      blauen  Schattierungen  auf  Clusterebene  sind   Die
                                                                                         blauen  Schattierungen  auf  Clusterebene  sind
                                                                                      signifikant,   ebenso   wie   die   orangen
                                                                                                        wie
                                                                                         signifikant,
                                                                                                  ebenso
                                                                                      Schattierungen auf Scheitelpunktebene die   orangen
             B: Linkes dorsomediales präfrontales                                        Schattierungen auf Scheitelpunktebene
                 B: Linkes dorsomediales präfrontales
                     Cluster
                         Cluster
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