Page 14 - Ärzteblatt Mecklenburg-Vorpommern, Oktober-Ausgabe 2025
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RECHT
Bundessozialgericht zur Abrechnung des
Vorhaltens nicht vom Versorgungsauftrag
gedeckter Krankenhaus-Strukturen
Urteil vom 12.06.2025 – B 1 KR 22/23 R
Zum Sachverhalt: Die Beteiligten stritten über die Erstattung nen- und Prozedurenschlüssels eine höhere Vergütung erhalten
von Krankenhausvergütungen in 14 Fällen. Die klagende Kran- möchte, sei nach § 70 SGB V unwirtschaftlich und deshalb nicht ab-
kenkasse zahlte der beklagten Krankenhausträgerin für die sta- rechenbar. Im Einzelfall erforderliche und tatsächlich erbrachte
tionäre Krankenhausbehandlung von 14 Versicherten in den Notfallbehandlungen, für die ein Versorgungsauftrag nicht be-
Jahren 2014 bis 2016 die in Rechnung gestellten Vergütungen. steht, könnten dagegen vergütungswirksam kodiert werden.
Den Abrechnungen lag jeweils eine Fallpauschale unter Kodie- Die Beklagte rechnete jedoch keine neurochirurgischen Leistun-
rung des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) 8-981 gen ab, sondern über den OPS 8-981 nur das Vorhalten vom Ver-
(Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls) sorgungsauftrag nicht erfasster neurochirurgischer Behand-
zugrunde. In drei der Behandlungsfälle veranlasste sie eine Über- lungsmöglichkeiten im eigenen Krankenhaus. Nur in dem vom
prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversiche- MDK geprüften Behandlungsfall (219,63 Euro) aus dem Jahr 2016
rung (MDK) und erhob danach in diesen Fällen gegen die Kodie- fand eine von der Prüfverfahrensvereinbarung 2014 erfasste
rung keine weiteren Einwendungen. sachlich-rechnerische Prüfung des OPS 8-981 statt. Die klagende
Zum Instanzenzug: Das Sozialgericht hat die Klage auf Erstat- Krankenkasse erhob mit ihrer abschließenden Leistungsent-
tung rechtsgrundloser Vergütungszahlungen abgewiesen. Auf scheidung keine Beanstandungen und war in dem nachfolgen-
die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht die Be- den Gerichtsverfahren nach § 8 Satz 1 Prüfverfahrensvereinba-
klagte antragsgemäß zur Zahlung von 19.032,68 Euro nebst Zin- rung 2014 mit dem Einwand der fehlerhaften Kodierung ausge-
sen verurteilt: Die Beklagte habe den OPS 8-981 nicht kodieren schlossen (dazu auch BSG-Urteil vom 12.06.2025 - B 1 KR 40/24
dürfen, weil das Mindestmerkmal des unmittelbaren Zugangs zu R). Die Klage war deshalb nur insoweit, nicht aber in den 13 ande-
neurochirurgischen Notfalleingriffen nicht erfüllt gewesen sei. ren Behandlungsfällen erfolglos geblieben.
Dass im Notfall neurochirurgisch eingegriffen werden könne, rei- Anmerkung: Mit seinem höchstrichterlichen Urteil hat das Gericht
che nicht aus. Erforderlich sei eine „eigene“ neurochirurgische klargestellt, dass ein Krankenhaus nur dann die Vergütung seiner
Abteilung, über die das Krankenhaus der Beklagten nicht verfügt (GKV-) Leistungen beanspruchen kann, wenn dies mit seinem
habe. Die Krankenhausplan-Feststellungsbescheide wiesen kei- planrechtlichen Versorgungsauftrag im Einklang steht. Eine Aus-
ne Planbetten für die Fachrichtung Neurochirurgie aus. Auch nahme von diesem Grundsatz gilt nur für Notfallbehandlungen,
eine Kooperationspartnerschaft habe für neurochirurgische Not- die erforderlich waren und tatsächlich erbracht wurden. Auch im
falleingriffe nicht bestanden. Rahmen einer Umwandlung von Krankenhausstrukturen wird
Zur Entscheidung: Die Revision der beklagten Krankenhausträ- stets zu beachten sein, dass das vom Krankenhaus vorzuhaltende
gerin ist ganz überwiegend ohne Erfolg geblieben. Nach Auffas- Leistungsangebot seinem Versorgungsauftrag entspricht.
sung des Bundessozialgerichts durfte die Beklagte den OPS
8-981 nicht kodieren. Das Vorhalten nicht vom Versorgungsauftrag Rechtsanwalt Dr. iur. Manfred Ruhberg, Rechtsanwälte M&P
gedeckter Strukturen, für die das Krankenhaus unter Kodierung Dr. Matzen & Partner mbB, Neuer Wall 55, 20354 Hamburg
einer diese Strukturen abbildenden Komplexziffer des Operatio- E-Mail: ruhberg@matzen-partner.de
Korrektur
Leider ist uns in der Printausgabe im Ärzteblatt Ausgabe 9/2025 auf Seite 299 ein Fehler unterlaufen. Umstrukturiert hat sich
nicht das KMG-Klinikum in Neubrandenburg, sondern in Nordbrandenburg. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen. In den
digitalen Ausgaben haben wir die Meldung bereits entfernt. K.S.
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